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Über den Weggang von Michael O'Hare

Original von J. Michael Straczynski in GEnie, 20. Mai 1994

Ich habe einige Neuigkeiten, die ich Euch mitteilen muß. Ich denke, der beste Weg, diese Neuigkeiten zu vermitteln, ist, am Ende der Geschichte anzufangen, mir einen Weg durch den Mittelteil zu bahnen und mit dem Anfang aufzuhören.

Also, das Ende der Geschichte:

Alles ist okay. Nichts wesentliches hat sich wirklich verändert. Alles läuft prima.

Jetzt der Mittelteil der Geschichte.

Ich wurde verschiedene Male gefragt, was passiert, wenn während des 5-Jahres-Arc mir oder einem der Schauspieler etwas passiert, da es doch ein komplett ausgearbeiteter Handlungsbogen ist. Im Allgemeinen verwerfe ich die Frage mit einem Lächeln. Aber die Wahrheit liegt auf der Hand: ich habe jede mögliche Vorkehrung getroffen, um sicher zu gehen, daß dadurch nichts zunichte gemacht wird. In meinen Fall habe ich zum Beispiel sichergestellt, daß die Geschichte irgendwo zur Verfügung steht.

Das Problem liegt natürlich darin, daß im Gegensatz zu Romanen, wo die Charaktere nur auf dem Papier existieren, Schauspieler und Autoren nur an guten Tagen zur Diskussion stehen. Sie können krank, in Vertragsdiskussionen verwickelt oder von Meteoriten erschlagen werden oder sich entschließen, ein Haus in Cambridge zu kaufen und unter fiktivem Namen Wachhunde züchten. Sie sind, um es kurz zu machen, *stets* in jeder Hinsicht unberechenbar.

Konsequenter Weise habe ich beim Entwurf der Babylon 5 Geschichte sicher gestellt, daß für jede mögliche Änderung Ersatz da ist. In Ermangelung einer besseren Umschreibung: es gibt in der Geschichte für jeden Charakter ein "Hintertürchen". Sicherlich, man möchte niemanden verlieren, aber in jedes Mal verschiebt so ein Fall die Geschichte für einen Augenblick circa 10 Grad in eine Richtung und dann ist man wieder in der Spur.

Exempel: Dr. Benjamin Kyle und Lyta Alexander. Da haben wir die einzigen beiden Menschen, die jemals einen Vorlonen gesehen oder gescannt haben. Das ist SEHR wichtig für den Fortgang der Geschichte. Doch leider, wie sich später herausstellte, kam etwas dazwischen und die Charaktere wurden gestrichen ... aber ihre Geschichte blieb wichtig, also wurde eingebaut, daß sie unter mysteriösen Umständen zur Erde zurückbeordert wurden (wie in "Angriff auf die Außerirdischen" angedeutet), was der Handlung eigentlich in vieler Sicht *geholfen* hat. Das soll jetzt nicht gefühllos klingen. Als Schriftsteller und Produzent ist es meine Aufgabe, die Geschichte zu erzählen, Verantwortung zu zeigen und sicherzugehen, daß jede Eventualität abgedeckt ist. Weniger zu tun wäre einfach unentschuldbar.

Nun zum Anfang der Geschichte.

Während der letzten Wochen das Ensemble wieder zusammengerufen und die Verträge für die kommende Staffel geschlossen. Ein Aspekt waren mehrere Gespräche mit Michael O'Hare. Nachdem wir eine volle Staffel produziert, eine Menge gelernt und die "Saga" über die Zeit immer feiner ausgearbeitet hatten, war es unser Ziel, die Show zu erweitern, einige neue Charaktere einzubringen und die Serie in eine neue Richtung zu lenken, was sehr interessant werden dürfte, wie ich meine. (Ein angenehmer Nebeneffekt bei alledem: nun, wo wir die Serie etabliert haben, können wir den Geschichten einzelnen Personen mehr Zeit widmen, den Zuschauern Gelegenheit geben, die Charaktere besser kennenzulernen, besonders die Menschen, die in dieser Staffel irgendwie zu kurz gekommen sind.)

Außerdem stellt sich aus der Sicht des Schauspielers die Frage nach anderen Gelegenheiten, Sorgen in eine Schublade gesteckt zu werden und die Limitierungen einer ständigen Rolle (und die Rolle des Commanders ist in sehr engen "Grenzen" definiert, wohingegen anderen Charakteren mehr Freiheiten gelassen werden). Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo man einen Moment durchatmen und über seine Zukunft nachdenken muß. Denn, je tiefer wir in die Geschichte einsteigen, desto schwieriger wird es, etwas zu ändern (obwohl es, wie schon oben gesagt, machbar ist).

Als Ergebnis dieser Diskussionen sind wir übereingekommen, das wir uns von der Rolle des Commanders trennen. Laßt es mich noch einmal betonen, damit keine Mißverständnisse auftreten können: Es war eine gütliche, freundschaftliche Trennung in gegenseitigem Einvernehmen. Das hier ist keine Tasha-Yar-Situation. Zudem werden wir es so einrichten, daß Sinclair eventuell im späteren Verlauf der Geschichte zurückkommen kann. Die Figur des Sinclair wird eine bedeutende Rolle spielen und der Battle-of-the-Line wird erklärt, beides in den ersten Episoden der neuen Staffel. Die Geschichte wird in der Bahn bleiben. Und die Serie wird genauso ablaufen, wie geplant. Ich gebe mir jede Mühe, das so genau zu erklären, da wir beide, Michael und ich, möchten, daß klar ist, daß wir beide an die Serie glauben und sie hierdurch nicht beeinflußt wissen wollen. Er bat mich, seine Ermunterung und seine besten Wünsche zu übermitteln und noch einmal zu betonen, daß es sich um eine friedliche Einigung in gegenseitigem Einvernehmen gehandelt hat.

Er hat gesagt, daß er sich glücklich schätzen würde, weiterhin an Conventions teilzunehmen und Werbung für die Serie zu machen, weil er an sie glaubt und bedeutendenden Anteil am Erfolg dieser Staffel hat. Wir können uns auf Conventions keinen besseren Botschafter für Babylon 5 vorstellen, als Michael O'Hare. Er ist ein zündender Redner, sorgt sich um die Fans der Show und seine Anteilnahme spricht für sich selbst. Wir halten ihn für einen netten Kerl.

Von unserer Seite aus wünschen wir Michael nur das Allerbeste. Wir wissen, daß er sehr gefragt ist und freuen uns drauf, ihn im nächsten Jahr in anderen Projekten sehen zu dürfen. Es erlaubt uns außerdem, in der Serie einigen neue Wege zu beschreiten, die uns helfen, die Gesamthandlung zu beschleunigen. Sinclairs Verschwinden für unbestimmte Zeit nach den Ereignissen von "Chrysalis" erlaubt es uns, die Geschichte dichter zu packen und Spannung der Rahmenhandlung zu erhöhen,

Wenn mir einige persönliche Worte gestattet sind ... diejenigen von euch, die das online lesen, wissen, daß ich immer geradeheraus zu euch war. Wenn ich in irgendeiner Weise den Endruck hätte, das es die Geschichte beeinflussen könnte, würde ihr es laut und deutlich von mir hören. Wenn in der Vergangenheit Probleme aufgetreten sind, habe ich das hier immer frei heraus gesagt (sehr zum Ärger mancher Leute). Das ist okay so. Wird sind immer noch dicke Kumpel. Ich spreche gelegentlich mit Michael und halte ihn für einen Freund, wie er mich für einen Freund hält. Es war eine harte Entscheidung, aber wir wußten beide, daß es die richtige Entscheidung war, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Wir sind kamen sozusagen aus verschiedenen Richtungen zur gleichen Zeit auf den gleichen Punkt zu. Wir mußten das tun, was das beste für die Serie und jeden einzelnen war und genau das tut es auch.

Und so ist uns beiden, uns in der Serie und Michael, durch diese einvernehmliche und gütliche Trennung gedient. Wir werden ersteinmal getrennte Wege gehen, immer die Möglichkeit vor Augen, daß wir Sinclair im weiteren Verlaufe der Geschichte wieder treffen, so wie Gandalf eine Zeitlang nach Modor verschwand, nur um wiederzukehren, als er am meisten gebraucht wurde. (Außerdem werden wir Sinclairs Charakter in den Comics und einigen der geplanten Romane weiterleben lassen, um uns dahingehend alle Möglichkeiten offenzuhalten.)

Laßt mich noch einmal betonen, daß die Geschichte weitergehen wird, wie geplant, alles, was ihr in dieser Staffel erfahren habt, behält seine Gültigkeit, die Serie bleibt stimmig, alle anderen Schauspieler kehren in der neuen Staffel zurück und die Saga von Babylon 5 wird sich genauso entfalten, wie es geplant war. Und ich hoffe, ihr werdet uns weiterhin auf dieser Reise begleiten.

                                    Sincerely,
                                    Joe Straczynski
                                    Creator/Executive Producer
                                    BABYLON 5

Antworten auf die Usenet-Diskussion zum obigen Thema

Lastet das bitte nicht O'Hare an. Welche Entscheidungen auch immer getroffen werden, es fällt in den Verantwortungsbereich der Produzenten -- meinen und Dougs -- diese Entscheidungen durchzusetzen, also liegt die Verantwortung letztendlich bei mir. Wenn ihr auf jemanden böse sein wollt, seid auf mich böse. Eurer Ärger ist deplaziert.

Nochmal: alles geschah in gegenseitigem Einvernehmen. Wir haben uns die Geschichte angesehen, wie ein Autor sich einen Roman ansieht, der zu einem Fünftel bereits geschrieben hat, wo man Dinge über die Geschichte lernt, die man auf KEINE andere Art lernen kann, wieviel man auch immer plant und vorbereitet. Und an gewissen Punkten sagt man sich: "Wenn wir alles so lassen, wie es ist, ohne etwas zu ändern, können wir X und Y machen, was beides cool wäre. Wenn wir aber die Gelegenheit beim Schopfe packen und ein wenig die Richtung ändern, können wir X und Y und Z machen ... und Z ist wirklich äußerst interessant. Es eröffnet völlig neue Möglichkeiten, die wir untersuchen können. Also haben wir mit Michael darüber geredet, der sich seine eigenen Gedanken dazu gemacht hatte ... und so, da wären wir.

Zugegeben, es war ein Risiko. Aber wir haben alle einen Blutschwur geleistet, die Show kontinuierlich zu verbessern. Jedesmal, wenn eine Entscheidung ansteht -- wie zum Beispiel: sollten wir "Die Gläubingen" im vollen Bewußtsein machen, daß wir uns Ärger OHNE ENDE einhandeln können -- fragen wir: "Wird es der Serie helfen?" Und wenn die Antwort "ja" lautet, machen wir es trotzdem.

Noch einmal, es war in gegenseitigem Einvernehmen. Also gebt mir die Schuld. und seid versichert, das wird hier keine Notlösung ... es bringt uns schneller und tiefer zum Kern der Geschichte, vertieft die Charaktere und Beziehungen. Sinclairs Hauptaufgabe im ersten Teil der Geschichte war es, alle zusammenzubringen ... die Dinge in Bewegung zu bringen. Und jetzt haben wir alle Figuren in Position. Die ganze Handlung 24 Stunden/Line sollte schon immer am Anfang des zweiten Jahres gelöst werden, weil man so etwas ohnehin nicht länger als MAXIMAL 1,5 Staffeln durchhalten kann. Die Zuschauer würden das mit Recht nicht länger ertragen. An dem Punkt würde das Mysterium verloren gehen und mit ihm (was zu anderen Fragen führen würde) Sinclair, der ein wenig in der Geschichte untergehen würde, da wir die anderen Figuren etwas in den Vordergrund rücken müssen. Wenn er also ohnehin etwas zurücktreten muß, warum soll er sinnlos in der Gegend rumwandeln? Warum in nicht für einige Zeit "beurlauben" ... und der Wert der anderen Figuren erhören und damit helfen, sich auf andere Aspekte zu konzentrieren?

Die Geschichte geht dahin, wohin sie schon immer gehen sollte. Soviel steht fest.

jms

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Der Battle of the Line und das Loch in Sinclairs Gedanken waren schon immer als Einstiegspunkt oder Trigger für die Geschichte geplant. Es ist so, als wenn Frodo in HdR der Ring gegeben wird. Die Geschichte dreht sich nicht darum, es ist unser Einstieg IN sie. Ganz ehrlich: man hat keine Chance, dieses eine Element all die fünf Jahre durchzuhalten, noch haben wir das jemals so geplant.

Der einzige Unterschied bei der Lösung dieses Aspektes ist folgender: wir hatten eigentlich vor, die fehlenden 24 Stunden und Den Battle of the Line in Episode 4 der 2. Staffel zu erklären. Wir haben das einfach 3 Episoden auf die 1. vorgezogen. Denn es kommen neue Spieler in Form der Schattenmänner und anderer Kräfte aufs Feld und wir müssen anfangen, uns auf neue Mysterien zu konzentrieren.

jms


Anmerkung: Der neue Commander von Babylon 5, Captain John Sheridan, wird gespielt von Bruce Boxleitner, Star aus "Tron" und anderen Filmen.

 

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Übersetzung: CW
Letzte Änderung: 16. April 2000