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Überlick über den Fünfjahrplan

von J. Michael Straczynski, Erfinder der Serie, Autor und Produzent
Copyright 1993

Es gab immer einen Plan, dem eine Serie folgen muß. Das war im Grunde der Sinn der ganzen Übung... eine Geschichte zu erzählen. Darum, einen Roman für das Fernsehen zu schreiben, der fünf Jahre umfassen sollte, mit dem Pilotfilm als Einführungskapitel. Da ihr jetzt die Grundlage für diese Geschichte gesehen habt, oder sie demnächst sehen werdet, und bevor ihr darum gebeten werdet, diese Serie zu unterstützen, habt ihr das Recht, etwas darüber zu erfahren, worum es in dieser Serie gehen wird und was ihr unterstützen sollt. Man soll nie gutgläubig einen Blankoscheck auf der Bank unterschreiben. Also gibt's hier eine Vorschau.

Für den Anfang werdet ihr herausfinden, was Sinclair während des Erd-Minbari-Krieges zugestoßen ist. Seit fast 10 Jahren versucht Sinclair sich davon zu überzeugen, daß in der Letzten Schlacht nichts anderes passiert ist, als was passiert zu seien schien: daß er für 24 Stunden ohnmächtig war. Er hat es gerade geschafft, sich das einzureden. Und jetzt tritt jemand in sein Leben und läßt mit sieben Worten - ihr werdet es wissen, wenn ihr sie hört - diesen ganzen Selbstbetrug auffliegen. Er weiß, daß ihm etwas widerfahren IST, das jemand an seinen Erinnerung herumgepfuscht HAT... und er wird herausfinden, wer und warum.

Die Wucht dieser Erkenntnis wird nicht nur auf die Serie, seine Beziehungen und die Zukunft seiner Figur großen Einfluß haben, sondern auch auf viele andere Figuren.

Ihr werdet sehen, was ein Vorlone ist... und was er repräsentiert. Und was das mit unserer eigenen Geschichte zu tun haben könnte; und etwas über geheime Beziehungen zu einigen unserer anderen Charaktere erfahren. (Schaut Euch die Empfangsszene ganz genau an.) Wir werden erfahren, daß es VIELE Spieler in diesem Spiel gibt. Ihre werdet herausfinden, was mit Babylon 4 passiert ist und das wird die Frage aufwerfen, was real ist und was nicht. Das Ende dieser Episode ist eins, daß man so noch nicht im TV gesehen hat.

Wir werden sehen, daß fast jede wichtige Figur auf etwas in seinem Herzen, seiner Vergangenheit oder seiner Karriere hinarbeitet oder davor wegläuft. Garibaldis vielschichtige Vergangenheit wird ihn einholen und ihn für fast eine ganze Staffel verändern und aus ihm einen völlig neuen Charakter machen und selbst danach noch bleibende Eindrücke hinterlassen. Lyta wird an einer Entdeckungsreise teilnehmen, die ihren Charakter sehr stark verändert. Sie wird in einem Netz aus Intrigen gefangen und dazu gezwungen sein, genau die Personen zu verraten, denen sie eigentlich helfen wollte.

Wir werden Kreise in Kreisen sehen und entdecken, daß es geheime Gruppen in den Regierungen auf der Erde und auf Minbar gibt, die aus guten Gründen glauben, daß es in der B5-Crew jemanden gibt, der die Erde im Krieg gegen die Minbari verkauft hat.

Einige der gestandenen Imperien aus dem Pilotfilm werden fallen. Einige werden unerwartet zu Macht und Größe gelangen. Hoffnungen und Schicksale werden abwechselnd aufkeimen und zerstört werden. Zumindest eine wichtige Rasse, von wir noch nicht einmal wissen, daß sie EXISTIERT, wird sich zeigen, zumindest teilweise. Einige Figuren werden den Pfad der Tugend verlassen. Andere werden einen Handel abschließen, dessen ganze Auswirkungen sie noch nicht verstehen, aber erkennen und bereuen werden.

Am Ende der ersten Staffel wird sich eine Figur so NACHHALTIG verändern, daß es der Serie eine völlig neue Richtung geben wird. Die erste Staffel wird einige eher konventionelle Geschichten enthalten, aber auch einige, die die Serie in die Richtung lenken, in die ich sie haben will. Man muß soetwas Stück für Stück vorantreiben. Die Ereignisse dieser Geschichte - die zum großen Teil die Geschichte von Jeffrey Sinclair ist - werden in jeder folgenden Staffel schneller einterten

Jemand, den er für einen Freund hält, wird ihn verraten. Ein anderer wird beweisen, daß er genau das Gegenteil von dem ist, was Sinclair glaubt als Wahrheit zu kennen. Einige werden leben. Einige werden sterben. Er wird schrecklichen Kräften ausgesetzt sein, die ihn verändern und seine Bestimmung auf sehr profunde und grausame Weise ändern werden... ob er in die eine Reichtung geht, oder die andere, wird nicht nur sein Schicksal entscheiden, sondern auch das von Millionen. Er wird wachsen, stärker werden, besser, weiser... oder von dem zersört werdenm, was das Schicksal ihm in den Weg legt. Alles in allem ist eine Geschichte über den Kampf zwischen Hoffnung und schrecklichen Vorahnungen und übermächtigen Gefahren.

Jede unserer Figuren wird auf verschiede Weisen versucht werden, sich mit einer dunklen Macht zu verbünden um den Frieden ein für alle mal auszuradieren. Einige werden der Versuchung anheimfallen, andere nicht und diese zahlen den Preis für ihren Widerstand.

Die Heimatwelt eine unserer großen Rassen wird zestört. Der Krieg wird unausweichlich. Und wenn er beginnt, wird Babylon 5 für immer verändert sein.

Das ist in groben Zügen etwas von dem, was ich mit der Serie vorhabe. Es ist, so wie es begonnen hat, ein Roman für das Fernsehen, mit einem Anfang, einem Mittelteil und einem Schluß.

Ist die Serie von der originalen Idee abgewichen?

10. Mai 1996 als Antwort auf eine Zuschauerfrage: einiges von dem obigen scheint nicht mehr zuzutreffen. Ist die Serie aus den Fugen geraten?

Das ist eine berechtigte Frage, ich werde mich dem so gut widmen, wie ich kann. In allererster Linie besteht das Problem darin, das Handwerk des Schreibens für jemanden zu erklären, der selbst kein Schriftsteller ist. Das ist nicht ganz einfach. Würde mir ein Gehirchirurg seine Arbeit erklären, würde ich genauso im Dunklen tappen. Ich habe keine Ahnung, wie Musik entseht. Ich kann mich stundenlang mit Chris Franke hinsetzen und versuchen, diesen Prozess zu verstehen. Ich werde ihn nie begreifen. Ich habe dafür keine Ader. Ich *habe* eine Ader für das Schreiben. Es ist also keine Aburteilung, nur die Wahrheit.

Der kreative Prozeß ist in Bewegung. Das muß er sein. Versuche Dich für einen Moment in die Lage zu versetzen, in der ich mich befinde. Sagen wir, ich schreibe einen Roman. Ich fange mit einer ziemlich klaren Vorstellung von dem an, was werden soll. Im sechsten Kapitel finde ich einen besseren Weg um etwas auszudrücken, also gehe ich zurück, revidiere Kapitel 1 bis 5, damit alles paßt. Du wirst nie erfahren, was da vorher stand. Nun vergleiche das mit der Situation, jedes Kapitel sofort zu veröffentlichen. Da kann man nicht zurückgehen und etwas ändern. (Dickens befand sich in so ziemlich der gleichen Situation, als er seine Arbeit Kapitel für Kapitel veröffentlichte. Man kann nicht zurückgehen, nur vorwärts.)

Gleichzeitig haben wir, da wir mit Schauspielern arbeiten, die nebenbei noch ein richtiges Leben führen, denen Dinge widerfahren können - Knochenbrüche, Gesundheitsprobleme, die sie daran hindern, in einer bestimmten Episode aufzutreten, plötzliche Änderungen an ihrer Karriere, such Dir was aus - mit den Unwägbarkeiten zu kämpfen, die einem das Leben in den Weg legt.

Was dem noch am nächsten kommt... ist, wenn man auf der Bühne steht und vor einem großen Publikum einen sehr komplizierten Tanz aufführt... und während des Tanzes werfen die Leute mit Bowlingkugeln und Kettensägen nach einem. Entweder man lernt, damit umzugehen, den Rhythmus zu halten; oder man ist tot.

Diese Serie wurde eigentlich 1986/87 entworfen. Vor knapp 10 Jahren. Damals wurden alle episodenbasierenden Schachen für's Fernsehen aus der Sicht einer bestimmten Person, dem Helden, erzählt. Ja, machmal wurde dieses Schema für eine kurze Szene mit anderen Figuren verlassen, meist um irgendwas vorzubereiten, aber meistens ging es um diese eine Person. In MORD IST IHR HOBBY war Jessica Fletcher das Kernstück jeder Episode. Man hatte hin und wieder Gastrollen, mit denen sie interagierte und wiederkehrende Nebenrollen, aber niemand von diesen Figuren hat sich je geändert, niemand trat für mehr als ein paar Minuten in den Mittelpunkt. So wurde bis jetzt Fernsehen gemacht.

Romane hingegen sind oft vielschichtig in ihrer Erzähstruktur und man wechselt zwischen verschiedenen Sichtweisen. THE STAND zum Beispiel.

Nun, ich habe beides gemacht. Ich habe Romane geschrieben und ich habe Fernsehen geschrieben. Als es daran ging, B5 zusammenzustellen, stellt sich die Frage: "Okay, wer ist der Erzähler im Fernsehen?" Das währe dann Londos Geschichte und das ist genau das, was ich all die Jahre übers Schreiben fürs Fernsehen gelernt hatte. Als sich die Serie entwickelte, wurde schnell klar, daß ich neue Wege lernen mußte, für das Fernsehen zu schreiben, mehr in der Art, wie ich meine Romane schreibe, die umfangreichere Geschichten aus verschiedene Blickwinkel beinhalten. Das ist ein Schreibstil, der wirklich noch nie für das amerikanische Fernsehen benutzt wurde. Und ich mußte diesen Stil in gewisser Weise vor Millionen Zuschauern entwickeln, während ich an der Geschichte arbeitete.

Man kann sich auf so etwas nicht vorbereiten, so sehr man es auch versucht, weil es noch nie zuvor gemacht wurde.

(Bei genauerer Betrachtung kommt dem, was ich hier mache in Sachen "verschiedene Blickwinkel" die Miniserie "The Winds of War" noch am nächsten.)

Auch bin ich in den letzten 10 Jahren ein besserer Schriftsteller geworden, habe mehr über mein Handwerk gelernt und mir mehr Werzeuge erarbeitet. Das heißt, ich kenne heute bessere Möglichkeiten, etwas zu tun, als ich das früher tat.

Folgende Situation: Da sitze ich nun vor meinem Schreibprogramm mit meinen Notizen aus 1986 und sehe einen besseren Weg, wie ich aus diesen Notizen etwas machen kann... Bleibe ich bei dem was da steht oder wage ich den Schritt und nehme die bessere Variante? VORAUSGESETZT, sie führt mich in der Gesamthandlung auch dahin, wohin ich will. Das zu ignorieren wäre unflexibel.

Ich bleibe wandlungsfähig. Genauso schreibe ich auch einen Roman. Nur diesmal *seht* ihr den Entstehungsprozeß genau vor euch, etwas, was ihr sonst nie zu Gesicht bekommen würdet. Vieler eurer Reaktionen beruhen auf diesem Umstand.

[Text gekürzt, um Spoiler zu vermeiden - vergeiche mit der Originalmessage]

Es geht nicht nur darum, in "interessanten Zeiten zu leben". *Zusammenhänge* machen eine Geschichte aus. Eine Folge von verbundenen Ereignissen. "Der König starb und dann starb die Königin", ist keine Geschichte. "Der König starb und dann starb die Königin an gebrochenem Herzen", ist eine Geschichte. Es ist eine Handlung, ein Arc, wie klein er auch sein mag.

Und schließlich möchte ich noch die Briefe - öffentliche und private - von den Leuten erwähnen, die sich die *ganze* Serie zusammenhängend angesehen haben. Eine oder mehrere Episoden Tag für Tag... und der Zusammenhang, der wirkliche *Arc* tritt auf diese Art viel besser hervor. Er steckt da drin.

 

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Übersetzung: CW
Letzte Änderung: 16. April 2000
Original: 12. Mai 1996